Die Geschichte der St. Georgi-Schützenbruderschaft Vardingholt-Kirche von 1642

Ursprünge - Finanzielle Grundlage - Schützenfeste - Wo wurde gefeiert - Vogelschiessen - Festablauf - Schützenkönig - Musik - Ausgaben - Vereinsorganisation

 

Ursprünge

Die frühesten Nachrichten von Schützengesellschaften in unserer Gegend kommen aus den Städten, und zwar aus Bocholt und Borken im 15. Jahrhundert. In Vardingholt gab es spätestens seit der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts eine Schützenbruderschaft. Im Jahre 1526 verpflichtete sich das Kloster Burlo, als Entgelt für die Nutzung der Gemeinen Mark in Vardingholt dem Holzgericht dieser Mark, d.h. den Markgenossen, jährlich einen fetten Hammel (und zwar zum Verzehr auf einem Fest) zu geben. Als das Kloster nicht mehr lieferte, forderten die Vardingholter Bauern im Jahre 1574, dass Ihnen der Hammel und das Fass Bier, die sie seit einer geraumen Zeit jährlich auf der Schütterei verzehrt hatten, wieder geliefert und nachbezahlt würden.

Ende des 16. Jahrhunderts kamen die Notzeiten des Spanisch-Niederländischen Krieges, der bis 1609 dauerte, und dann die schrecklichen Jahre des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648). Die Überlieferung berichtet, dass sich die Schützenbruderschaft Vardingholt um diese Zeit, in den 40ger Jahren des 17. Jahrhunderts (genauer 1642), in die Schützenbruderschaften des Vorhooks (Spoler) und des Achterhooks (Vardingholt) teilte.

Als Grenze zwischen beiden Vereinen wurde eine nord-südlich verlaufende Linie gezogen, die westlich von den Höfen Spandern, Schinkenbohm, Bußhauß, Hellmann, Klausmann und dann in einem Knick, östlich an der Großen Örde vorbei, nach Südosten geht. Interessant ist, dass sich diese Linie nicht mit der Grenze der beiden ehemaligen Schulbezirke Vardingholt I und Vardingholt II (Spoler) deckt. Die Schulbezirksgrenze verläuft sehr viel weiter westlich. Die Kinder der Höfe Große Örde, Messing, Wieging, Bocktenk, Eßmann, Schüling, Röterding gingen nach Vardingholt I zur Schule.

Zum Schützenverein des Achterhooks gehörten im 17. Jahrhundert dagegen nur folgende Höfe: Borgmann (Teklote), Bußhauß, Große Venhaus, Große Hart (Stoffers), Hagedorn (Bußkamp), Hellmann, Honerbohm, Junckamp, Kappenhagen, Klapschechting (Klapsing-Vastall), Klausmann (Terörde), Kleine Hart (Bier Hart), Kleine Örde (Eßing), Kleine Venhaus, Kottemann, Lübbers Paß, Nienhaus, Nißing, Panofen, Reierding, Rössing (Teborg), Rottstegge (Rademacher), Sanders (Kruse), Schinkenbohm, Schulte Sindern, Siverding, Spandern, Steverding, Vardebolling (Büdding), Velthaar, Volks, Wanders (Tubes). Auf diesen 32 Höfen fanden bis in die jüngste Zeit Schützenfeste statt und sie stellten die Gildemeister.

Die beiden Vardingholter Schützengesellschaften hatten bis nach dem Zweiten Weltkrieg den gleichen Schutzpatron und damit den gleichen Namen "St. Johannis Schütterei". Erst im Jahre 1949 wurde die Gesellschaft Achterhook in "Sankt Gerog-Schützenverein Vardingholt I" umbenannt. Dazu ließ man für einen Preis von 700 DM in Kevelaer eine Fahne anfertigen. Sie zeigt auf der Vorderseite den hl. Georg mit Pferd, auf der Rückseite die Vardingholter Marienkirche und wurde am 5. Juni 1950 feierlich geweiht.

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Finanzielle Grundlage

Die finanzielle Grundlage der Schützengesellschaft im Achterhook Vardingholt war zur Zeit, als das Schützenbuch erstmalig berichtet und in den und in den beiden folgenden Jahrhunderten, ein Kapital, von dem den Mitgliedern Teile zu Beträgen von 5 oder 2 ½ Talern (die sog. "Klodte" oder "halben Klodte") geliehen wurde, bei einer Forderung von 1 bzw. ½ Taler Zinsen.

Nach einer 13jährigen Pause, während der kein Schützenfest gefeiert worden war, beschlossen die Schützen 1682 einstimmig, dass die Klodtzinsen für die 13 Jahre vom 13fachen, das an sich zu zahlen gewesen wäre, auf den Wert eines anderthalben Jahres verringert und dass im kommenden Jahr 1683 ebenfalls die Zinsen für anderthalb Jahre bezahlt werden sollten. Es scheint aber dann, wie die Rechnung zeigt, in beiden Fällen jeweils doch wieder nur ein einfacher Jahreszinssatz bezahlt worden zu sein.

Der Zinssatz von 1 Taler für 1 Klodt (5 Taler) hielt sich bis in das 19. Jahrhundert. Ab 1834, als eine neue Währung eingeführt worden war, legte man ihn auf 11 Silbergroschen und 6 Pfennige fest; 1884, nach Einführung der Mark-Währung, auf 2,20 Mark.

Da es sich einbürgerte, die Klodtzinsen beim nächsten Schützenfest zu einem einfachen Betrag zu erheben, gleichgültig ob das Schützenfest im nächsten Jahr oder erst viele Jahre später stattfand, müssen wenigstens einige Schützenbrüder bestrebt gewesen sein, das nächste Fest möglichst zu verschieben. Vielleicht erklärt sich so die große Seltenheit von Schützenfesten von 1683 bis 1905: 29 mal in 222 Jahren, d.h. im Durchschnitt alle 7 ½ Jahre fand ein Fest statt.

Die Klodte konnten beim nächsten Fest wieder eingebracht werden und wurden dann wieder verlost. Wer einen Klodt erhielt, musste einen Bürgen stellen, der für ihn einsprang für den Fall, dass der Klodtbesitzer die Zinsen nicht zahlen oder den Klodt nicht zurückgeben konnte. Die meisten Klodte blieben viele Jahre beim selben Besitzer. Erst ab 1905 wurden keine Klodtzinsen mehr bezahlt. Dafür erhob man in der Folgezeit Eintrittsgelder von den Mitgliedern.

Im 17. Jahrhundert sind dreimal vom Verein auch größere Beträge als Kredite ausgeliehen worden. Einer zu 15 Talern wurde 1664 wieder eingebracht und im selben Jahr an einen anderen erneut ausgegeben. 1665 wurde er mit 1 Taler (6,66 %) Zinsen zurückgegeben und zu Klodten aufgeteilt. Von 1669 bis 1707 war sogar ein Kredit von 25 Talern ausgeliehen, wovon jährlich - die Schütterei werde gehalten oder nicht - 1 Taler (d.h. 4 %) Zinsen gezahlt werden sollte.

Einen weiteren Einnahmeposten bildeten die sog. "Gemeindegelder". Das waren Nutzungseinnahmen aus Grundstücken, die der Gemeinde Vardingholt gehörten. 1686 verspricht Gerdt Hagen z.B., der schon 1664 als Spielmann beim Schützenfest Musik machte, der Schütterei künftig, wenn gefeiert wird (ob geschossen oder nur verzehrt wird), für die Aufdrift von Vieh in die gemeinsamen Marken, für den vom Markengrund angegrabenen Garten und für die Plaggenmahd eine halbe Tonnen Bier zu 50 Stüber (30 Stüber = 1 Taler) zu geben.

Gemeindegelder erhob auch die Schützengesellschaft des Vorhooks Vardingholt (Spoler). Und wenn man die Einnahmen dieses Postens bei beiden Schützengesellschaften vergleicht, sieht man, dass sie um 1663 ungefähr gleich hoch waren und jede etwa 6 ½ Taler betrugen. Es ist nach einem Vertrag vom 2. Juli 1706, der im Schützenbuch des Vorhooks schriftlich festgehalten wurde, anzunehmen, dass den Schützengesellschaften einmal gleich große Beträge zugeordnet wurden und zwar so, dass Bauern des Achterhooks an die Schützengesellschaft des Vorhooks zahlen mussten. Im Achterhook gab es mehr Nutzer von Gemeindegrund als im Vorhook. Im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts gingen die Gemeindegeldereinnahmen im Vorhook Vardingholt stark zurück, während diejenigen im Achterhook stiegen. Es kam zu einem erheblichen Unterschied in diesem Einnahmeposten. Darum bemühten sich die Schützenbrüder des Vorhooks um eine Neuverteilung der Gemeindegelder. Sie erreichten diese auch in dem oben erwähnten Vertrag vom 2. Juli 1706. Bauern des Achterhooks mussten an den Vorhook bezahlen, so dass jeder Gesellschaft ca. 5 Taler und 19 Stüber zustanden.

In dem Vertrag wurde auch beschlossen, dass, wenn eine zusätzliche Einnahme durch weiteres Angraben oder vermehrte Aufdrift von Vieh anfalle, beide Schüttereien, der Vorhook und der Achterhook gleich, also je zur Hälfte beteiligt werden sollten.

Die Gemeindegelder wurden 1914 noch bezahlt und 1920 erstmalig nicht mehr erhoben.

Eine vierte Einnahmequelle war seit den ältesten Zeiten das Eintrittsgeld für Fremde. Einnahmen aus dem Beitritt neuer Mitglieder scheint es dagegen im Achterhook nicht gegeben zu haben, anders als im Vorhook, wo jeder neu eintretende Schütze sich "einkaufen" musste und ein Eintrittsgeld von 1 Taler zu zahlen hatte. Neue Mitglieder wurden nur "eingeschrieben". 1834 zahlen die neuen Mitglieder, die sich hatten einschreiben lassen, soviel wie die alten, die keinen Klodt hatten: 5 Silbergroschen 9 Pfennige, das ist soviel wie Mitglieder an Zinsen für einen halben Klodt (Kredit von 2 Taler 15 Stüber) zahlen müssten.

Im Jahre 1909 sind in den Abrechnungen erstmals auch Eintrittsgelder für Vereinsmitglieder erkennbar. Während Fremde damals 1 Mark auf dem Fest zu zahlen hatten, waren es für Mitglieder 25 Pfennige.

Diese Regelung änderte man nach dem Ersten Weltkrieg, 1920. Man stellte nun von jedem Hause des Achterhooks einen Mann und eine Frau frei. Die anderen Männer hatten 3 Mark, die anderen Frauen 1,50 Mark "Gelag" zu entrichten. Diese Beträge wurden 1922 auf 5 bzw. 2,50 Mark erhöht, 1924 wurden sie wieder herabgesetzt, für Männer auf 0,50 Mark für Frauen auf 0,25 Mark. Nach dem 2. Weltkrieg, 1950, legte man das Eintrittsgeld für Fremde auf 1,50 Mark fest, für vereinsanghörige Männer auf 1 DM und Frauen auf 0,50 DM.

1953 berichtet das Schützenbuch erstmalig von einem Mitgliedsbeitrag für die Mitglieder. Er betrug damals 3 DM. Dazu kommt 1954 von jedem Haushalt 1,50 DM für den Spielmannszug, ab 1968 2 DM. 1957 wurde der Mitgliedsbeitrag auf 5 DM erhöht. Ab 1975 wurden beim "Gelohchmahken" die in der Bilanz errechneten Fehlbeträge nicht mehr durch die einzelnen Haushalte, sondern durch die Mitglieder beglichen.

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Schützenfeste

Die Schützenfeste fanden - wie bereits erwähnt - bis zum Jahre 1907 sehr unregelmäßig und selten statt. Von 1661 bis 1700 nur in 15 Jahren, im 18. Jahrhundert lediglich 13 mal, im 19. Jahrhundert nur 7 mal. Erst ab 1907 wurde regelmäßig, und zwar jährlich gefeiert, allerdings mit einer Unterbrechungen: von 1915 bis 1919 während des Ersten Weltkrieges, 1923, während des schlimmsten Inflationsjahres, und von 1940 bis 1947 während des Zweiten Weltkrieges und den ersten Nachkriegsjahren.

Der Tag des Festes war bis 1708 in der Regel des Fest des damaligen Vereinspatrons St. Johannes des Täufers, der 24. Juni. Danach lag er im 18. Jahrhundert ein oder zwei Tage davor oder danach, bis im 19. und 20. Jahrhundert irgendein passender Tag der Monate Mai, Juni, Juli ausgewählt wurde. Auch der Beschluss des Jahres 1922, das Schützenfest jeweils in der zweiten Woche nach Pfingsten zu feiern, konnte sich nicht durchsetzen. Dieser Termin war bis 1955 die Ausnahme. In neuester Zeit, seit 1970, beginnt das Schützenfest am ersten Sonntag im Juli und wird am Monatag und Dienstag fortgesetzt.

Anfangs, bis 1806, feierte man einen Tag, von 1834 bis 1968 zwei Tage und seit 1969 drei Tage.

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Wo wurde gefeiert?

Gefeiert wurden die Schützenfeste bis 1958 (außer 1910 und 1911) auf den Höfen des Achterhooks Vardingholt im Wechsel, wobei bis 1920 keine feste Reihenfolge zu erkennen ist. Von 1905 bis 1920 wird die Austragung des Festes jährlich "angeboten" oder "versteigert" und für einen Geldbetrag vergeben. Alois Bußhaus ersteigerte die Austragung des nächsten Schützenfestes 1907 für 20 Mark. Der Vergabebetrag stieg bis 1909/1910 auf 61 Mark, um danach wieder zu fallen, bis 1912 ein Angebot von 6 Mark und 1914 eines von 10 Mark den Zuschlag erhielt.

Als sich auf der Generalversammlung am 1. Mai 1921 niemand zur Übernahme des Schützenfestes meldete, wurde beschlossen, das Fest künftig bei den größeren Landwirten, die Platz haben, zu feiern. Dafür wurde eine Liste von 17 Namen aufgestellt und die Reihenfolge ausgelost. Wenn wegen Krankheit oder Todesfall das Schützenfest nicht in einem Hause gehalten werden könne, solle es bei dem folgenden gefeiert werden. Diese Regelung blieb bis 1958 einschließlich in Kraft, und zwar so, dass fast alle genannten Höfe zweimal an die Reihe gekommen waren. Danach übernahm Gastwirt Stockhorst die Austragung des Festes, zunächst allerdings noch im Wechsel mit den Höfen Sieverding (1x), Klein-Heßling (1x) und Rademacher (3x); dann von 1970 bis 1981 allein. Seit 1982 wird in einem Festzelt gefeiert, das in unregelmäßigem Wechsel beim Gehöft Sieverdingbeck, am Sportplatz oder bei der Gaststätte Stockhorst stand. Seit 1987 steht das Festzelt auf der Wiese von Heiner Schulte gegenüber der "Alten Schule" (Kindergarten).

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Vogelschießen

Das Vogelschießen fand in früheren Zeiten auf dem Festhof statt. Erst seit 1958 wurde in der Regel auf dem "Hellekamp" geschossen. 1966 und 1972 verlegte man das Schießen wegen schlechten Wetters auf den Hof Sieverdingbeck bzw. hinter den Saal des "Hauses Stockhorst". 1978 stellte man wegen Dauerregens die Vogelstange auf dem Gehöft Kruse auf, so dass man aus der Scheune auf den Vogel schießen konnte. 1980 und 1983 fand das Vogelschießen aus dem gleichen Grund auf dem Hof Sieverdingbeck statt.

1987 baute Schützenbruder Anton Damann für den Verein eine neue Schießanlage auf dem "Hellekamp", jetzt an der Ecke des Waldes gegenüber den Hof Böing-Stoffers. Bei schlechtem Wetter findet das Vogelschießen am Zelt statt. Hierfür steht dann eine Kugelfanganlage zur Verfügung, so dass die zahlreichen Besucher das Vogelschießen vom Zelt aus und trocken verfolgen können.

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Festablauf

Über den genaueren Ablauf der Feste ist man erst seit 1905 genauer unterrichtet. Die Aufzeichnungen des ältesten Protokollbuches (1661 bis 1857) sind äußerst knapp und lückenhaft.

Seit 1905 versammelten sich die Schützen mit Gewehr am 1. Tag mittags, manchmal auch erst nachmittags in der Nähe des Hauses des alten Königs, um ihn abzuholen. Je weiter dieser vom Hofe des Schützenfestes wohnte, desto früher mussten die Schützen bestellt werden. Am zweiten Tag vormittags war Vogelschießen.

Nachdem die St. Marien-Kirche gebaut worden war, begann man (ab 1934) den ersten Festtag mit einem Seelenamt für die verstorbenen Mitglieder, zu dem jedes Mitglied zu erscheinen hatte. Daran schloss sich ab 1954 eine Totenehrung am Kriegerehrenmal an der Kirche mit Kranzniederlegung an.

Seit 1935 fand das Vogelschießen am 1. Tag vormittags statt, nach dem Seelenamt und nachdem man den alten König abgeholt hatte. Dieses "Ausholen" des alten Königs erfolgte ab 1953 nicht mehr (außer 1964 und 1966), stattdessen wurde nach dem Seelenamt und bevor es zum Festgehöft zum Vogelschießen ging, ein kurzer Frühschoppen in der Gastwirtschaft Stockhorst gehalten.

Am ersten Tag wurde, zumindest von 1951 bis 1968, nachmittags um 15 oder 16 Uhr das neue Königspaar abgeholt, und sofort danach begann der Krönungsball. Am zweiten Tag war nachmittags wieder die Abholung des Königspaares mit anschließendem Tanz.

Seit 1969 feierte man das Schützenfest an drei Tagen. Am ersten Tag war ein feierlicher Umzug mit Musik durch den flaggengeschmückten Ort, nachmittags Tanz (Eröffnungsball). Der zweite Tag begann mit einem Gottesdienst als Seelenamt für die Verstorbenen und Gefallenen des Vereins und daran anschließender Totenehrung. Daran schlossen sich das Ausholen des alten Königs, später nur Begrüßung des Altkönigs, ein Frühschoppen und das Vogelschießen an. Am Abend wurden die neuen Majestäten für den folgenden Krönungsball geholt. Am dritten Tag um 15 Uhr nachmittags erneutes Holen des Königspaares, Darbietungen für die Kinder, ein Kaffeetrinken für die Vardingholter Seniorengemeinschaft, und danach ab 19 Uhr Beginn des Schlussballs. Um 20 Uhr wird der Schlussball durch den Großen Zapfenstreich, der auf dem Kirchplatz ausgeführt wird, für ca. 45 Minuten unterbrochen.

1969 war auch in anderer Hinsicht ein einschneidendes Jahr. Man beschloss, beim Schützenfest künftig auf Pferde zu verzichten "wegen zunehmender Pferdeverknappung und einfachheitshalber". Auf den Höfen gab es immer weniger Pferde, da sich nun bequemere Fortbewegungsmittel als Pferderücken und Kutsche überall durchzusetzen begannen. Von da an wurde das Königspaar in Autos gefahren.

Schon 1970 wurde die Festfolge in der Weise geändert, dass die Festtage um 15 Uhr (ab 1975 ab 18 Uhr) mit der Totenehrung und Kranzniederlegung am Ehrenmal vor der St. Marien-Kirche begannen und sich daran der Umzug durch die Gemeinde anschloss. Der zweite Festtag beginnt mit dem Wecken des Vereinswirtes Stockhorst, des Königspaares und einiger Mitglieder des Vorstandes durch den Spielmannszug.

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Schützenkönig

Am Vogelschießen durften nur Mitglieder des Vereins teilnehmen. 1905 beschloss man, dass Personen unter 17 Jahren nicht mitschießen. Von jedem dem Verein angeschlossenen Hause sollte eine Person mitschießen. Jeder weitere Schütze bezahlte 1 Mark. Seit 1959 gilt, dass am Vogelschießen teilnehmen kann, wer ein Jahr Mitglied und 19 Jahre ist. Die vom König erwählte Königin muss das 17. Lebensjahr vollendet haben.

In neuerer Zeit berichtet das Schützenbuch von Schießmeistern, die für einen glatten Ablauf des Schießens zu sorgen hatten, denen aber auch der Kauf neuer Gewehre und die Betreuung der vereinseigenen oblag. Um Unfälle zu vermeiden, wurde 1905 Antreten mit geladenen Gewehr und Weiterschießen nach dem Königsschuss unter Strafe gestellt. Über die Waffe, die man beim Vogelschießen verwendete, äußern sich die Schützenbrüder nur in neuester Zeit. 1948 bis 1951 wurde mit der Armbrust geschossen. Gegen Schluss des Schießens 1951 nahm man eine Jagdflinte, 1953 schoss man mit Kleinkaliber. Heute schießt man mit dem Schrotgewehr.

Das Vogelschießen begann meist mit Ehrenschüssen des amtierenden Königs, des Vorsitzenden und anwesender Geistlicher, besonders des Pfarrers der St. Marien-Kirche. Schützenkönig wurde, wer das letzte Stück des Vogels heruntergeschossen hatte. Das dauerte oft viele Stunden. 1971 kam der Vogel erst mit dem 478. Schuss herunter, nachdem man 5 Stunden geschossen hatte. Mit der bis heute gültigen "Rekordschusszahl von 856" errang der Bewerber im Jubiläumsjahr 1992 die Königswürde.

Im Jubiläumsjahr 1992, dem 350. Jahr des Bestehens der Schützenbruderschaft, veranstaltete man das bisher einzige Kaiserschießen. Hierzu waren alle noch lebenden Schützenkönige mit ihren Schützenköniginnen eingeladen worden. Das Kaiserschießen, bei dem auf einen Kugelfang, der am Festzelt aufgestellt worden war, geschossen wurde, erfreute sich einer großen Resonanz.

Der König hatte zumindest schon seit 1683 eine halbe Tonne Bier zu einem Preis von 50 Stüber (30 Stüber = 1 Taler) zu geben, und zwar für die, die ihn nach Hause brachten (1696). Diese Pflicht wird auch 1785 noch erwähnt. 1834 wurde beschlossen dass der König immer an dem Hause geehrt wird, wo das Schützenfest gehalten wird, aber nicht mehr nach Hause gebracht werden soll. Die Gebühren müssen aber wie sonst vom König entrichtet werden. 1851 verpflichtete man den König, auf dem nächsten Schützenfest zwei Maaß Schnaps und einen neuen Vogel auf der Stange zu geben. Diese Verpflichtung galt auch noch auf den beiden letzten Schützenfesten des 19. Jahrhunderts 1857 und 1884.

Seit 1905 erhielt der neue König 20 Mark, 30 Mark ab 1910. In der Inflationszeit nach dem Ersten Weltkrieg waren es 1920: 200 Mark, 1921: 250 Mark, 1922: 400 Mark, ab 1924 bis zum Zweiten Weltkrieg erhielt der neue König jeweils 40 Mark und der Altkönig 30 Mark. 1963 wurde das Königsgeld auf 200 DM erhöht, 1975 auf 300 DM und 1998 auf 500 DM. Die Königin wurde auch bedacht. Laut Beschluss von 1907 sollte sie zukünftig ein Geschenk im Wert von 5 bis 6 Mark erhalten, das war, wie das Schützenbuch manchmal vermerkt, ein Gebetbuch. Noch heute erhält die Schützenkönigin am Montagabend vom Präsidenten ein Gebetbuch "nach alter Tradition" überreicht.

In den Jahren 1785 bis 1884 wurde jeweils zweimal der Vogel abgeschossen und es gab zwei Könige. Das war aber insgesamt nur achtmal der Fall, da in dieser Zeit nur selten gefeiert wurde. Seit 1905 sind im Schützenbuch auch Königinnen eingetragen. Es hat aber solche vielleicht vorher schon gegeben. Aus Ahaus sind Namen von Königinnen schon aus dem 18. Jahrhundert überliefert.

1975 beschloss man, dass ein König der auswärtiges Mitglied ist (d.h. nicht im Vereinsgebiet wohnt), sich eine Königin aus dem Vereinsgebiet erwählen soll. 1979 bestimmte man, dass ein König seine Ehefrau als Königin nehmen darf, ferner, dass keine Frau Königin werden kann, deren Ehemann nicht Mitglied des Vereins ist, dagegen Töchter von Nichtmitgliedern Königin werden können.

1931 wurde dem Verein von mehreren Mitgliedern eine Königskette und für die Königin ein Diadem gestiftet. Sie sollten für die Tage des Schützenfestes dem König und der Königin überlassen und am Abend des letzten Festtages dem Vereinsvorsitzenden zurückgegeben werden. Gewünscht wurde, dass das Königspaar sich alljährlich durch eine eigene gravierte Plakette an der Königskette verewigte. 1964 wurde beschlossen, die ersten 25 Plaketten von der Schützenkette abzunehmen und in einem Kasten im Vereinslokal "Haus Stockhorst" öffentlich aufzubewahren, was 1965 geschah.

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Musik

Richtigen Schwung in das Schützenfest brachten neben verschiedenen Getränken die Musikanten, die zum Tanze aufspielten. Im 17. und 18. Jahrhundert und auch 1806 sorgte ein einziger "Spielmann" für die Musik. Er erhielt für seine Arbeit jeweils 15 Stüber, d.h. einen halber Taler. 1935 müssen es zwei Musikanten gewesen sein, denn die Musikanten bekommen jetzt zusammen 1 Taler.

Im 20. Jahrhundert beauftragte die Gesellschaft eine Kapelle, die aus 5 bis 7 Musikern bestand und zum Tanz aufspielte. Viele Jahre war es die Musikkapelle Rademacher aus Burlo. Heute verpflichtet der Festwirt in Absprache mit dem Vorstand eine Musikkapelle.

Seit 1953 tritt auch der Vardingholter Spielmannszug auf und begleitet die Umzüge durch die Gemeinde. Die Musikkapelle Burlo beteiligt sich ebenfalls seit vielen Jahren an den Umzügen, insbesondere an der Kranzniederlegung und dem Großen Zapfenstreich auf dem Kirchplatz der St. Marien-Kirche.

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Ausgaben

Die hauptsächlichen Ausgaben verursachten dem Verein die Schützenfeste und dabei die Getränkekosten (Bier und Schnaps). Man trank 1697 zehn Tonnen Bier (die Tonne á 3 Taler 15 Stüber), 1705 und 1706 je neun Tonnen, dasselbe auch 1834 noch einmal. Im 17. und 18. Jahrhundert musste, was jene tranken, die den König nach Hause brachten, vom König bezahlt werden. Nach dem Ersten Weltkrieg entlastete sich der Verein völlig von den Getränkekosten, indem das Schützenfest an einen Festwirt vergeben wurde.

Bis 1884 wurde vom Verein ferner ein Königshut bezahlt, in den Jahren, als es zwei Könige gab, zwei. Dem Schreiber des Schützenbuches musste ein kleines Entgelt entrichtet werden, bis ab 1905 das Schreiben und Abrechnen von ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitgliedern übernommen wurde. Ferner mussten die Musikanten und die "Schenkers" vom Verein bezahlt werden. Von 1776 bis 1835 taucht auch jeweils ein Betrag für eine neue Vogelstange bei den Vereinsausgaben auf.

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Vereinsorganisation

Die Schützenbruderschaft wurde in den ersten Jahrhunderten von zwei Gildemeistern geleitet, die nach jedem Schützenfest für das nächste Jahr neu gewählt wurden. Auf dem Hofe eines der Gildemeister, fand das nächste Schützenfest statt. Sie hatten das Schützenfest vorzubereiten und zu organisieren.

Seit 1905, als nach 27 Jahren zum ersten Mal wieder gefeiert wurde, traten an die Stelle der ehemals zwei Gieldemeister jetzt vier. Nun war es auch nicht mehr Aufgabe eines der Gildemeister, das Fest auszutragen; dieses wurde nun ausgeboten. 1913 beschloss man, dass von den vier Gildemeistern jedes Jahr zwei ausscheiden; sie könnten aber wiedergewählt werden.

Dieser vierköpfige Vorstand wurde danach immer weiter vergrößert, bis er 1938 folgende Mitglieder umfasste: den Vorsitzenden (Vereinsführer) und den Stellvertretenden Vorsitzenden, einen Schriftführer zugleich Kassenwart, einen Oberst, einen Hauptmann, einen "Dietwart", einen Schießwart, vier Gildemeister, einen Ältestenrat, der aus zwei Ehrenmitgliedern und zwei Schützenmitgliedern bestand, und zwei Adjudanten. Dieser Vorstand sollte nach Beschluss von 1939 vier Jahre im Amt bleiben. Heute zählt der Vorstand insgesamt 24 Personen: den Vorsitzenden, den Stellvertretenden Vorsitzenden, den Schriftführer zugleich Kassenwart, den Oberst, den Hauptmann, zwei Adjudanten, fünf Gildemeister, den Oberfähnrich, drei Fähnriche, zwei Schießmeister, den Zeugwart, vier Mitglieder für das Jugendpreischießen und den Organisator des Nikolauszuges.

Das Schützenbuch enthält in den früheren Jahrhunderten vor allem Abrechnungen, später immer öfter Berichte über den Verlauf der Feste und Beschlüsse der Versammlungen. Es wurde zunächst, in einer Zeit als nur wenige schreiben konnten, von einem schreibkundigen Mann aus Rhede geführt. Das war von 1661 bis 1708 der dortige fürstlich Münstersche Vogt Eberhard Billig. 1776 nennt sich der Notar J.H.H. Harpenau. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts übernahm der jeweilige Vardingholter Lehrer die Führung des Buches: 1820 Lehrer Bitterhoff, von 1834 bis 1857 Lehrer Wilhelm Haselhoff. Danach wurde das Schützenbuch jeweils von einem der Vorstandsmitglieder, und zwar zunächst vielfach von dem Vereinsvorsitzenden geführt, so 1905 bis 1912 von Josef Schüling, 1912 bis 1925 von Wilhelm Böing, 1926 von Bernhard Dalhaus, 1927 bis 1934 von Johann Klein Örde. Später hatte der Verein einen eigenen Schriftführer, der gleichzeitig Kassenwart war; dieses ist noch heute so.

Das erste Schützenbuch wurde bis 1857 benutzt. "Als im Jahre 1884 nach allgemeinem Beschluß der Vardingholter Schützengesellschaft mal wieder [d.h. nach 27 Jahren] Schütenfest gefeiert werden sollte, musste das Protokoll vorläufig auf einen losen Zettel geschrieben werden, da das alte Buch in welchem die Protokolle für die Schützenfeste vom Jahre 1661 bis zum Jahre 1857 einschließlich verzeichnet sind, - voll - war." Der Vorsitzende Josef Schüling übertrug die Notizen dieses Zettels 1905 in das neue Buch. Während das alte Buch 35 Feste aus drei Jahrhunderten festgehalten hatte, erfasste das neue Buch von 1905 bis 1974, in einem Dreiviertel-Jahrhundert, 55 Feste. 1974 wurde mit den Eintragungen in ein drittes Protokollbuch begonnen, was noch heute benutzt wird.